1931, No. 3-4
Latvijas Ārstu Žurnāls, 1931, No.3-4, 139-140.
Deutsches Krankenhaus zu Riga.
Direktor Dr. Werner.
Die Strangdurchbrennung nach Jacobaeus.*)
Dr. Eduard Jacobson.
Zu den grössten Errungenschaften in der Behandlung der Lungentuberkulose gehört die Strangdurchbrennung, auch Thorakokaustik genannt.
1910. hat Jacobaeus als erster die endoskopische Besichtigung der Brust und Bauchhöhle eingeführt. 1913. machte er den ersten Versuch mit einem Galvanokauter die Adhaesionen abzubrennen. 1915. führte Unverricht die erste Durchbrennung in Deutschland aus.
Die Strangdurchbrennung hat das einzige Ziel, einen inkompletten und wirkungslosen Pneumothorax in einen kompletten und wirksamen zu verwandeln. Wenn, z. B., ein Strang eine Kaverne ausgespannt erhält oder wenn sonst Symptome, wie Subfebrilität, Auswurf usw. vorhanden sind, die dem unvollkommenen Kollaps zuzurechnen sind, ist die Durchbrennung als notwendig anzusehen. Durchbrennung von Strängen und Adhaesionen bei sonst wirksamem Pneumothorax ist abzulehnen. Stränge bis zur Dicke eines Fingers und membranartige Adhaesionen können noch gebrannt werden. Grössere und sehr zahlreiche Stränge benötigen eine Thorakoplastik.
Die Stränge und Adhaesionen entstehen infolge direkten Übergreifens der Tuberkulose auf die Pleurablätter oder infolge perifokaler oder kollateraler Entzündung um den tuberkulösen Herd. Morphologisch unterscheidet man Obliteratio pleurae, flächenhafte, membranöse und strangförmige Adhaesionen, und der Lage nach — Spitzenadhaesionen, laterale, Diaphragma- und interlöbäre Adhaesionen, d. h. zwischen den Lungenlappen. Ungefähr 95% aller Adhaesionen entfallen nach Diehl auf den Oberlappen.
Das Röntgenverfahren gibt nicht immer das richtige Bild, welches man bei der Endoskopie findet. Oft sieht man auf der Platte einen Strang und findet mehrere oder sogar membranartige Adhaesionen. Feine, dünne Adhaesionen sieht man gewöhnlich nicht.
Vor 2—3 Monaten nach Anlegung des ersten Pneumathoraxes wird keine Durchbrennung gemacht, denn es kommt oft vor, dass im Laufe der Pneumothoraxbehandlung sich die Stränge von selbst lösen. In letzter Zeit ist auch von Hensel auf die Selbstlösung der Verwachsungen hingewiesen worden. Wie bei jedem operativen Eingriff, so können auch bei der Strangdurchbrennung Komplikationen auftreten — Hautund Brustwandemphysem, Exsudat, Empyem und eine endothorakale Blutung. Das Haut- und Brustwandemphysem geht nach einigen Tagen ohne Behandlung zurück. Die Behandlung der Exsudate — seröse, trübseröse, eitrige — ist die übliche aller Pneumothoraxexsudate.
Die Erfolge der Thorakokaustik: Diehl hatte auf 331 Thorakokaustiken:
in 71% — Erfolg,
,, 21% — keinen Erfolg,
,, 8% — Verschlechterung.
Unverricht auf 334 Fälle: völlig gelungen 269 (79%),
,, 103 „ unvollständige — 35 (33,9%).
Wenn bis in die letzte Zeit der Pneumothorax allein als die einzige Waffe im Kampfe gegen die offene Lungentuberkulose galt, so bedeutet die Thorakokaustik eine geniale Ergänzung des Pneumothoraxes, und ich hoffe, dass mein Vortrag zur weiteren Entwicklung dieser Methode in Riga dienen wird.
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*) Nach einem am 17. XII. 30 in der Gesellschaft prakt. Ärzte zu Riga gehaltenem Vortrage.